Rede vom 24.02.2017: Ein erneuter substanzloser Schauantrag erster Güte
Ein Mensch, der zu einem Attentat entschlossen ist und dabei womöglich seinen eigenen Tod einkalkuliert, wird sich der Fußfessel entledigen, bevor er zur Tat schreitet oder die Fußfessel wird ihm völlig egal sein. Das wissen wir aus Frankreich.
In städtischen Ballungszentren taugt die Fußfessel als Warninstrument für Sicherheitsbehörden nicht, weil anhand der Standortdaten nicht erkennbar ist, welchen potentiellen Anschlagszielen sich der Betreffende nähert und ob er das in terroristischer Absicht tut.
Im Rahmen der Führungsaufsicht, in der elektronische Fußfesseln bislang zum Einsatz kommen, haben wir es mit einer komplett anderen Situation zu tun: Diese Menschen sind grundsätzlich kooperationsbereit, wenn sie die Fußfessel anlegen. Denn Voraussetzung für ihre Anordnung ist, dass die Betroffenen Einsicht in die von ihnen ausgehende Gefahr gezeigt haben. Sie verstehen die Fußfessel als Maßnahme auch in ihrem eigenen Interesse, zum Beispiel als milderes Mittel gegenüber einer Sicherungsverwahrung.
Diese Situation ist in keiner Weise auf terroristische GefährderInnen zu übertragen. Hier gibt es vielmehr die Befürchtung bei SicherheitsexpertInnen, dass die Anordnung der Maßnahme zur weiteren Radikalisierung bei den Betroffenen führt und einen möglicherweise bislang nur abstrakten Tatentschluss endgültig zur Reife bringt.
Aus fachlichen Gründen wird der elektronischen Fußfessel bei den SicherheitsexpertInnen beim Bundeskriminalamt und auch bei Verfassungsschutzbehörden so gut wie keine Relevanz zugemessen. Es besteht eine auffällige Diskrepanz zwischen fachlicher Einschätzung und politischer Begleitmusik in der Sicherheitsdebatte.
Meine Damen und Herren, der Kabinettsentwurf für die Anordnung einer Gefährder-Fußfessel im neuen BKA-Gesetz definiert den Begriff wie folgt: „Eine Person, bei der es Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie eine Straftat im Bereich des internationalen Terrorismus begehen könne oder deren individuelles Verhalten es wahrscheinlich macht, dass sie eine solche Straftat plant.“
Diese schwammige Formulierung des möglichen Anwendungsbereichs ist nach meiner Einschätzung keine grundrechtssichere Vorgabe für entsprechende Anpassungen der Landespolizeigesetze.
Wir werden zu gegebener Zeit zu überprüfen haben, ob es eine grundrechtsfeste Lösung für die Einführung einer präventiven elektronischen Fußfessel in unserem Polizeirecht gibt. Zu einer solchen fachlichen und rechtlichen Prüfung sind auch wir Grüne durchaus bereit. Kopflose Schnellschüsse, wie die CDU sie fordert, wird es mit uns aber nicht geben.
Viel interessanter wäre übrigens gewesen, statt über Fußfesseln einmal über die Fehler des Bundesinnenministers zu sprechen. Dann könnten wir mal darüber sprechen, warum der Bundesinnenminister politisch bislang nicht dafür einsteht, dass in seinem Verantwortungsbereich ein über Jahre hinweg bekannter und beobachteter Gefährder trotz eindringlicher Warnungen ausländischer Sicherheitsbehörden nicht von einem Anschlag abgehalten werden konnte. Doch im Gegensatz zu Ihnen, liebe CDU, warten wir gern erst einmal auf eine vollständig geklärte Tatsachengrundlage, bevor wir mit Anträgen vorpreschen.
zurück