Rede vom 18.06.2015: Erkenntnisse? Die Arbeit hätten wir uns sparen können
Die Ergebnisse lassen sich kurz zusammenfassen:
Der zahlenmäßig größte Phänomenbereich ist nach wie vor der Rechtsextremismus. Der Bereich Linksextremismus ist zahlenmäßig gering, genauso wie der nicht-islamistische Extremismus mit Auslandsbezug. Das Phänomen Salafismus ist erst seit einigen Jahren im Blick des Verfassungsschutzes. Auch hier: Keine neue Erkenntnis - außer vielleicht, dass in diesem Phänomenbereich die Erkenntnisse stark im Fluss sind. Während der Verfassungsschutz 2013 noch von 760 Anhängern ausging, wurde die Zahl 2014 auf 360 korrigiert. Vor allem die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes zu islamistischem Terrorismus beschränken sich im Wesentlichen auf Einzelpersonen mit unterschiedlich weitreichenden Kontakten. Im Fokus stehen dabei die in den Jihad nach Syrien und in den Irak ausgereisten 23 Personen, von denen neun wieder nach Schleswig-Holstein zurückgekehrt sind. Bislang liegen keine Erkenntnisse vor, dass diese an Kampfhandlungen teilgenommen hätten.
Mir drängt sich die Vermutung auf, nicht Erkenntnisinteresse, sondern vor allem sicherheitspolitisches Profilierungsbestreben hat der CDU bei der Formulierung der großen Anfrage die Feder geführt.
Aber die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes geben in Ihrem Sinne einfach nichts her. Das können Sie drehen und wenden wie Sie wollen!
Die Mittel des Verfassungsschutzes werden flexibel dort eingesetzt, wo sie gebraucht werden. Das gleiche gilt für das Personal - auch das wird der jeweiligen Lage angepasst. Aktuell beobachten daher zwei zusätzliche Mitarbeiter den Bereich islamistischer Extremismus. Und dass trotz der um die Hälfte nach unten korrigierten Zahlen der Anhängerschaft und der Tatsache, dass es drei Mal so viele Rechtsextremisten in Schleswig-Holstein gibt. Eine deutliche Schwerpunktsetzung. Ihre Vorwürfe gehen ins Leere!
Dafür offenbaren Ihre Fragen zum Teil deutlichen Dilettantismus. Bei mehreren Fragen übergehen Sie das in der Verfassung festgeschriebene Trennungsgebot zwischen Polizei und Verfassungsschutz. Auch die vielen Fragen nach genauen Personenzahlen verkennen, dass der Verfassungsschutz sein Augenmerk primär auf Bestrebungen richtet. Die Erfassung von als besonders gefährlich einzustufenden Einzelpersonen ist die Ausnahme. Auch die Fragen, ob extremistische Vereine als gemeinnützig anerkannt worden sind, machen überhaupt keinen Sinn. Die Gemeinnützigkeitsanerkennung unterliegt dem Steuergeheimnis. Zumal die Anerkennung eines Vereins als gemeinnützig davon abhängt, dass die Organisation nicht als extremistisch eingestuft wird.
Vielleicht die wichtigste Antwort folgt auf Frage 154: Radikalisierungstendenzen begegnen wir am besten mit religionsbezogenem Wissen und der Stärkung demokratischer Kompetenzen.
Und genau das tun wir!
Mit unserem Landesprogramm gegen islamistischen Extremismus! Mit dem BeraNet, mit dem Rat für Kriminalitätsverhütung oder der Landeskoordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus! Mit der Aktion Kinder- und Jugendschutz! Mit dem Landesprogramm zur Bekämpfung von Rechtsextremismus.
Natürlich ist das Bedrohungspotential des jihadistischen Islamismus abstrakt hoch.
Doch der Vorfall in Escheburg, das Erstarken von Pegida, aber auch die rassistischen Entgleisungen von Mitarbeitern bei der Bundespolizei am Hauptbahnhof in Hannover sind erschreckende Belege für die Anschlussfähigkeit in die Mitte der Gesellschaft. Hier setzen wir erfolgreich an, um der Gefahr von Fremden- und Minderheitenfeindlichkeit in großen Teilen der Bevölkerung wirksam zu begegnen.
Ich fasse das Ergebnis zusammen: Außer Spesen nichts gewesen! Das liegt aber beileibe nicht an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Innenministeriums, die sich mit der großen Anfrage der CDU abmühen mussten. Der geringe Ertrag der Regierungsantwort im Verhältnis zu den bereits in den Verfassungsschutzberichten der letzten Jahre enthaltenen Informationen liegt allein an der Substanzlosigkeit und Redundanz der von der CDU aufgeworfenen Fragen. Die Arbeit hätten wir uns sparen können.
Vielen Dank
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