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Burkhard PetersPresseMeine Reden

Rede vom 19.06.14: Der Extremismusbegriff der CDU greift viel zu kurz

Es gilt das gesprochene Wort!

Zu TOP 32/38/61 – Verfassungsschutzbericht 2013, sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher

der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Burkhard Peters: 

Sehr verehrte Damen und Herren,

Im Verhältnis zum Jahresbericht 2012 ergeben die Erkenntnisse und Zahlen zum sichtbaren Rechtsextremismus in Schleswig-Holstein wenig Anlass zur Besorgnis. Ich spreche an dieser Stelle ausdrücklich noch nicht von latenten Formen des Rechtsextremismus. Die Rechtsextremen sind zurzeit offensichtlich nicht in der Lage, kleine Aufmärsche auf die Straße zu bringen. Das war in den Jahren vor 2012 noch anders. Auch die Zweitstimmen für die NPD von unter 1% bei der Bundestagswahl 2013 belegen den derzeitigen Rückgang.

Noch weniger Grund zur Besorgnis  gibt es bei den dogmatischen Linksextremen.  Sie haben ein demographisches Problem. Die Autonomen nehmen bei ihren wenigen Gewaltaktionen vornehmlich Rechtsextreme aufs Korn.

Ob das Problem Salafismus ernst zu nehmen ist, bleibt zu beobachten. Die Kämpfe in Syrien und jetzt auch im Irak entlassen möglicherweise fanatisierte und brutalisierte Rückkehrer, die in unseren offenen Strukturen gefährlich werden können. Der Mordanschlag eines aus Syrien zurückkehrenden Jihadisten Ende Mai auf das jüdische Museum in Brüssel macht das deutlich. Insofern ist es beunruhigend, dass 13 Personen in Schleswig-Holstein bekannt sind, die nach Syrien gingen, von denen einige auch wieder zurückgekehrt sind.  Es gibt aber offenbar keine gesicherten Erkenntnisse darüber, ob diese Personen sich in Syrien an Kriegshandlungen beteiligt haben. Im Gegensatz zum gestern veröffentlichten Verfassungsschutzbericht des Bundes schätzt z.B. Innenminister Pistorius aus Niedersachen die Lage als nicht bedrohlich ein, obwohl es auch dort eine Handvoll Rückkehrer aus Syrien gibt.

Enttäuschend ist, dass der Bericht den Handlungsempfehlungen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) zur Mordserie des NSU nur 3 dürre Sätze widmet. Bereits in meiner Rede zum Bericht 2012 hatte ich dargelegt, dass die Verwendung eines zu engen Extremismusbegriffes durch die Verfassungsschutzämter einer der Hauptkritikpunkte des NSU-PUA war. In dieser Hinsicht sehe ich keinen Hinweis, dass unser Amt diese Kritik zu seinem Thema macht. Nach wie vor wird das alte Muster  von rechts,  links und Mitte schematisch abgespult.

Das leitet über zum CDU-Antrag. Das hinter dem Antrag stehende Bild von Extremismus greift zu kurz: In der Mitte der Gesellschaft, da sitzen die Guten und Gemäßigten, aber links und rechts davon nisten die Extremisten unterschiedlicher Couleur, einig im Bestreben, unsere freiheitliche Gesellschaft zu zerstören.

Diese schematische Sicht hat keinen Begriff davon, dass die Verbreitung einer extremen Ideologie nur unter bestimmten gesellschaftlichen und sozialen Begleitumständen eine Potenz entwickeln kann, die für den Bestand der Verfassungsordnung bedrohlich werden kann. Vor allem wird verkannt, dass gerade die sog. Mitte in solchen Prozessen oft eine fatale Rolle spielt.

Es wird nicht gefragt: Was sind die Faktoren, die demokratie- und freiheitsfeindliche Denk- und Handlungsformen bei Menschen begünstigen. Welche Bedingungen stützen dagegen eine stabile Demokratie?

Und vor allem: Gibt es im nennenswerten Umfang Menschen, bei denen gefährliche Ideologien verfangen und die latent bereit sind, sich vom Projekt „Demokratischer Rechtsstaat“ zu verabschieden?

Es geht  zentral um den Begriff der Anschlussfähigkeit  bestimmter extremistischer Ideologien in der Bevölkerung.

Im Rahmen der sog. Einstellungsforschung wird dies von Professor Heitmeyer seit vielen Jahren repräsentativ erfragt. Die Resultate sind erschreckend. Sie belegen, dass autoritäre, rassistische, antisemitische und homophobe Einstellungen und Vorurteile tief im Denken der gesellschaftlichen Mitte verankert sind. Die sog. „Mitte-Studie“ der Uni Leipzig kommt seit 2002 regelmäßig zu ähnlichen Ergebnissen.

Im Jahresbericht 2014 heißt es: „So paradox es klingen mag: Der Extremismus der gesellschaftlichen Mitte findet seinen Ausdruck in rechtsextremen Positionen“. Für 2014 kommt die Leipziger Studie zu dem Ergebnis, dass ein Rückgang bei allen rechtsextremen Dimensionen der Befragung zu erkennen ist. Dies wird vor allem darauf zurückgeführt, dass sich die Bundesrepublik seit 2 Jahren in einer Phase anhaltender Prosperität befindet. Als weiteren wichtigen Faktor der Immunisierung gegen Rechtsradikalität benennt die Studie die Rolle der Bildung. Ausländerfeindlichkeit ist aber nach wie vor ein Problem von 20 % aller Deutschen. Islamfeindlichkeit und vor allem Antiziganismus haben seit  2011 sogar massiv zugenommen.

Vor diesem Hintergrund bin ich zutiefst davon überzeugt, dass der von der Landesregierung verfolgte Kurs, der sich betont auf die Bekämpfung rechtsradikaler Tendenzen  konzentriert, nach wie vor richtig ist. Denn alle Erfahrungen in Deutschland seit 1966 zeigen, dass mit einer wirtschaftlichen Krise auch regelmäßig das Erstarken rechtsradikaler Kräfte einhergeht. Hier gilt es also auch jetzt vorzubeugen.

Im Finanzausschuss wird der Antrag der Piraten zum Haushalt des Verfassungsschutzes beraten werden. Wir begrüßen, dass die Regierung bereits von sich aus Änderungen in Richtung mehr Transparenz gegenüber dem Rechnungshof und dem Finanzausschuss angekündigt hat. Aus Grüner Sicht sollte ein Mehr an Transparenz auch die Stellenpläne des Verfassungsschutzes abbilden und die Mitglieder des Finanzausschusses neben den Mitglieder des PKG mehr Einsicht in den Haushalt des Verfassungsschutzes erhalten. Das geht in anderen Ländern auch und ist aus unserer Sicht für eine effektive rechtsstaatliche Zusammenarbeit und Kontrolle notwendig.

Danke.

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