Rede vom 23.01.14: Sie finden mit Ihrem Antrag bei uns weit geöffnete Türen vor
Es gilt das gesprochene Wort!
Zu TOP 15 – Länderkompetenzen stärken – Neue Formen staatsanwaltlicher Organisation ermöglichen sagte der justizpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen,
Burkhard Peters:
Sie finden mit Ihrem Antrag bei uns weit geöffnete Türen vor
liebe Frau Kollegin Ostmeier,
Ihr Antrag ist prima, er könnte glatt von uns stammen!
Bei genauer Betrachtung geht es in Ihrem Antrag um Gewaltenteilung. Noch präziser: Um die von Einflüssen der Exekutive weitgehend befreite, selbstverwaltete Justiz.
Denn die Staatsanwaltschaft ist – worauf Sie in der Begründung Ihres Antrags zutreffend hinweisen – nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein „notwendiges Organ“ der Strafrechtspflege und somit eher der dritten Gewalt, also der Judikative und nicht der Exekutive zuzurechnen.
Für den Bereich der Richterinnen und Richter ist es selbstverständlich, dass die Justizverwaltung im Bereich ihrer Rechtsprechung keine Weisungen erteilen darf. Sie sind von Verfassung wegen unabhängig.
Insofern ist es in der Tat ein schwer nachzuvollziehender Systembruch, dass die JustizministerInnen der Länder einer bestimmten Staatsanwältin oder einem Staatsanwalt in einem konkreten Einzelfall eine Weisung erteilen können. Das ist nach der gegenwärtigen Rechtslage gem. §§ 146, 147 GVG durchaus möglich, auch wenn es selten geschieht. Es kam aber auch in Schleswig-Holstein durchaus schon vor, wie der Fall des ehemaligen Oberstaatsanwalt Wille aus Lübeck in der Mordermittlungssache Barschel belegt.
In vielen Ländern der Europäischen Union ist die Weisungsfreiheit der Staatsanwaltschaft garantiert. Auch die Planungen zu einer EU-Staatsanwaltschaft schließen ein Einzelweisungsrecht der Exekutive ausdrücklich aus.
Das allgemeine Weisungsrecht des Justizministeriums ist aus meiner Sicht unproblematisch. Dieses verkörpert sich in Richtlinien für eine landesweit oder bundesweit geltende, gleichmäßige Vorgehensweise in bestimmten Verfahrensarten oder Fallgruppen.
Zum Beispiel in der Richtlinie für Straf- und Bußgeldsachen oder der Anordnung über die Einstellung von Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Cannabisbesitz in geringen Mengen.
Um dieses allgemeine Weisungsrecht geht es in Ihrem Antrag jedoch nicht.
Es freut mich, dass Sie, liebe KollegInnen von der CDU, diesen Antrag jetzt vorlegen! Das erfüllt mich mit der Hoffnung, dass Sie auch anderweitige Pläne für eine selbstverwaltete Justiz in Schleswig-Holstein zukünftig unterstützen werden. Die nächste Gelegenheit dazu ergibt sich im Verfassungsreformausschuss, in dem diskutiert wird, das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit der Gerichte und Staatsanwaltschaften in unserer Landesverfassung zu verankern.
Sie sehen, Sie finden mit Ihrem Antrag bei uns weit geöffnete Türen vor.
Auch im Justizministerium sind die Zeichen der Zeit längst erkannt worden.
Auf der letzten Justizministerkonferenz im November 2013 legte der sächsische Justizminister Dr. Martens (FDP) eine Initiative vor, wonach geprüft werden sollte, ob und in welchem Umfang das externe Weisungsrecht in Einzelfällen notwendig und noch zeitgemäß sei.
Neben dem Justizminister aus Sachsen stimmten nur die Justizminister aus Brandenburg von den Linken und Anke Spoorendonk aus SH der Initiative zu. Sie befinden sich also mit Ihrem Antrag in guter Gesellschaft.
Die Grüne Justizministerin aus Niedersachsen und die Justizministerin des Saarlandes enthielten sich.
Aber elf JustizministerInnen, darunter drei von der CDU bzw. CSU, lehnten den Vorstoß aus Sachsen ab.
Liebe Kollegin Ostmeier, Sie sehen also, die meiste Überzeugungsarbeit müssen Sie mit Ihrer geplanten Bundesratsinitiative nicht hier in Schleswig-Holstein leisten, sondern in den anderen Bundesländern, vornehmlich in denen mit CDU-Beteiligung in der Landesregierung.
Zur weiteren Beratung sollten wir den Antrag in den Innen- und Rechtsausschuss überweisen, wo wir auch eine Anhörung durchführen sollten.
Dort können wir dann auch noch die äußerst spannende weitere Frage diskutieren, ob denn auch das interne Weisungsrecht, also innerhalb der staatsanwaltschaftlichen Hierarchie, noch zeitgemäß ist. Die Abschaffung dieses internen Weisungsrechts wird z.B. von der Neuen Richtervereinigung gefordert.
Vielen Dank
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