Rede vom 26.09.13: Attraktivität der Landespolizei erhalten
Es gilt das gesprochene Wort.
Zu TOP 37 – Attraktivität der Landespolizei erhalten sagt der innenpolitische Sprecher der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen, Burkhard Peters:
Sozialromantisches Bild einer Polizei auf dem Lande á la Räuber Hotzenplotz ist nicht mehr zeitgemäß
Zum Ausgangsantrag hat Kollegin Lange bereits alles Notwendige und Richtige gesagt. Ich werde mich daher auf den Änderungsantrag der CDU-Fraktion konzentrieren und zum Schluss kurz auf den FDP-Änderungsantrag kommen.
Wieder einmal haben wir einen CDU-Antrag vorliegen, der versucht, ein äußerst düsteres Bild für unsere Landespolizei unter der gegenwärtigen Landesregierung an die Wand zu malen.
Die Landesregierung
- leiste einem personellen Ausbluten der Landespolizei Vorschub;
- sie lasse die verbleibenden PolizistInnen ohne ausreichende Schutzausrüstung im Kampf um die Sicherheit im Regen stehen;
- auf dem Lande entstünden „polizeifreie Zonen“ und damit rechtsfreie Räume;
- in perfider Weise unterminiere die Landesregierung das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei, weil sie verfügt hat, dass Polizistinnen und Polizisten in geschlossenen Einsätzen eine Rückennummer tragen müssen;
- all dies würde dazu führen, dass zukünftig kein Mensch, der bis drei zählen kann, in den Polizeidienst gehen will.
Zurück zur Wirklichkeit:
Wir haben mit Andreas Breitner einen Innenminister, der selber mehr als zehn Jahre Polizeibeamter war und die Sorgen und Nöte von Polizei bestens kennt. Sie können versichert sein, dass schon dies eine Garantie dafür ist, dass diese Landesregierung die berechtigten Interessen der Polizei nie aus den Augen verlieren wird.
Der Personalabbaupfad, zu dem sich das Land schon unter Schwarz-Gelb verpflichtet hat, kann keinen Personalbereich des Landes vollständig ausnehmen. Die Polizei ist mit weit über 6.000 im unmittelbaren Polizeidienst beschäftigten Beamtinnen und Beamten der zweitgrößte Personalkörper der Landesverwaltung.
Nach dem gegenwärtigen Planungsstand wird erst ab 2016 überhaupt ein geringfügiger Stellenabbau akut werden. Dieser wird die Polizei im Verhältnis zu anderen Personalbereichen deutlich geringer betreffen. Das ist angesichts der Auswirkungen der demographischen Entwicklung und der seit Jahren zurückgehenden Kriminalitätsbelastung im Land auch vertretbar. Zudem ist vor allem an solche Bereiche zu denken, die an der Gewährleistung von Sicherheit keinen Anteil haben, z.B. das Polizeiorchester.
Über Mängel oder Defizite bei der Ausstattung der Polizistinnen und Polizisten für ihre persönliche Sicherheit habe ich bei meinen Gesprächen in den Polizeidienststellen bislang nie etwas vernommen. Sie bauen da eine Chimäre auf, liebe Kolleginnen von der CDU!
Die bislang beklagten Ausstattungsmängel im IT-Bereich in den Dienststellen sind nach einer Information der GdP vom 24.09.2013 deutlich reduziert worden. Der stellvertretende LandesGdP-Vorsitzende Manfred Börner aus Ratzeburg, mit dem ich mich übrigens häufig und gerne über die Belange der Polizei austausche, stellt fest, die GdP sei zufrieden, dass in diesem Bereich endlich Fortschritte erzielt worden sind.
Ihre Forderung, Besoldungsanpassungen für Beamtinnen und Beamte in den nächsten Jahren an die Tarifabschlüsse für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder zu koppeln, also einen Automatismus in dieser Hinsicht zu versprechen, ist weltfremd. Selbst die meisten CDU-regierten Bundesländer hüten sich vor einem solchen Automatismus.
Die Behauptung, im Lande Schleswig-Holstein entständen polizeifreie Zonen, weil beabsichtigt ist, kleine und kleinste Polizeistationen zusammenzulegen und zu konzentrieren, ist ebenso falsch wie plakativ. Schon in der Mai-Sitzung dieses Jahres sind Sie mit dieser These hausieren gegangen; Sie wird durch ständiges Wiederholen nicht richtiger.
Bitte lösen Sie sich endlich von Ihrem sozialromantischen Bild einer Polizei auf dem Lande á la Räuber Hotzenplotz, wo ein Wachtmeister Alois Dimpfelmoser der Großmutter über die Straße hilft und den Diebstahl ihrer Kaffeemühle aufklärt. Dies hat mit einer modernen Polizei in der Fläche und ihrer Attraktivität für Bewerberinnen und Bewerber für den Polizeidienst nicht das Geringste zu tun.
Sehr weit hergeholt ist es auch, wenn Sie jetzt Ihre erklärte Abneigung gegen die Kennzeichnungspflicht von Polizisten in geschlossenen Einsätzen mit der Frage der Attraktivität der Landespolizei verwursten. Die Kennzeichnungspflicht besteht jetzt seit geraumer Zeit im Lande und mir ist nicht eine Meldung aus der Polizei bekannt, dass sich dadurch die Gefährdungslage der Polizistinnen und Polizisten erhöht hat. Auch die unter einem CDU-Innensenator in Berlin seit Jahren anstandslos praktizierte Kennzeichnungspflicht hat dort zu keinen Gefährdungen der eingesetzten Beamtinnen und Beamten geführt. Und in Berlin ist ja nun deutlich mehr los im Bereich brenzliger Demo-Einsätze!
Das Signal, dass Sie mit Ihrer Ablehnung der Kennzeichnung an die Bürgerinnen und Bürger, aber auch in die Polizei selbst aussenden, ist das eines vordemokratischen Obrigkeitsstaates. Eines Staates, in dem sich Inhaber des staatlichen Gewaltmonopols hinter ihrer Uniform verschanzen. Diese Denkweise wird auch in der Polizei ganz überwiegend nicht vertreten. Dort ist man selbstbewusst und rechtsstaatlich genug gerüstet, mit offenem Visier in den Einsatz zu gehen.
Soweit Sie in Ihrem Antrag überhaupt nachvollziehbare Forderungen im Zusammenhang mit der Steigerung der Attraktivität des Polizeiberufs aufstellen, sind diese schon vollständig in unserem Antrag enthalten. Wir werden Ihren Antrag daher ablehnen. Der Antrag der FDP ist in Punkt Eins sinnvoll und zu übernehmen.
Zu Punkt Drei: Die Bitte an die Landesregierung, darüber zu berichten, ob die Abkehr vom Prinzip der zeit- und wirkungsgleiche Übertragung der Tarifabschlüsse für Beamte Auswirkungen auf die Attraktivität der Landespolizei habe, ist dagegen überhaupt nicht sinnvoll. Wie sollte die Landesregierung eine derartige Kausalbeziehung selbst beim besten Aufklärungswillen empirisch je feststellen können? Sehr geehrter Herr Kollege Kubicki, wie lautet der römische Rechtsspruch? „Ad impossibilia nemo tenetur“; Niemand ist verpflichtet Unmögliches zu tun. Darum lehnen wir diesen Teil Ihres Antrags ab.
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